Abschied von Miklós Duray
Nach langer, schwerer Krankheit ist am 30. Dezember 2022 die bestimmende Figur des ungarischen politischen Lebens im Felvidék, dem Slowakei-Oberland, von uns gegangen.
Miklós Duray wurde am 18. Juli 1945, in Losonc (Lučenec) in der Südslowakei geboren. Wie er selbst gern erzählte, war er echt „europäischer Abstammung“: väterlicherseits hatte er drei verschiedene Wurzeln, darunter hugenottische. Die weibliche Linie stammte teilweise von der großbürgerlichen deutschen Familie Welser ab (Philippine Welser war die Ehefrau von Erzherzog Ferdinand II., dem Landesfürsten von Tirol) und von der deutsch-jüdischen Familie Wertheimer (Sámuel/Samson Wertheimer war Oberrabbiner von Ungarn und Mähren, später Rabbiner von Eisenstadt). Im mütterlichen Zweig sind zwei weitere Wurzeln zu entdecken. Die eine, deutsche verweist auf eine Glasbläserdynastie, die sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Kronkomitat Nógrád ansiedelte. Der andere Zweig ist slowakisch. Der Großvater mütterlicherseits zog aus dem Kronkomitat Túróc nach Nógrád. Er war Schlossermeister, der auf den Budapester Warenmustermessen zahlreiche Anerkennungen erntete.
Miklós Durays Ehefrau, die Mathematikerin/Informatikerin Dr. Zsuzsanna Szabó wurde ebenfalls 1945 geboren, in Léva (Levice). Sie waren seit 1973 verheiratete, bis zu Zsuzsannas Tod im Jahr 2018. Sohn Áron Bálint wurde 1989 in Indiana im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren.
Miklós Duray, damals geschäftsführender Vizepräsident der Partei der Ungarischen Koalition, erhielt 2005 den Preis für die Ungarische Freiheit der Stiftung Tag der Ungarischen Freiheit.
Miklós Duray war Zeit seines Lebens um das Ungartum im Felvidék, dem Slowakei-Oberland, bemüht.
„Ich setze keinen Fuß in die Prager Burg seit dort das Beneš-Denkmal aufgestellt worden ist“, sagte er über den einstigen tschechoslowakischen Präsidenten, der seiner Meinung nach ein mindestens so großer Nationalsozialist war wie Hitler, nur habe er nicht die Mittel des deutschen Diktators gehabt.
Seiner Meinung nach „sollte sich die ungarische Gemeinschaft im Felvidék – dem Südtiroler Beispiel folgend – als Staat im Staate organisieren: die innere Buntheit ist wünschenswert, aber nach außen muss eine einzige Partei die Interessen der Gemeinschaft vertreten.“
Der Politiker der ungarischen Minderheit im Felvidék wurde 1988 mit dem Gábor-Bethlen-Preis ausgezeichnet. (István Bakos/Gábor-Bethlen-Stiftung)
„Miklós Duray war der Beschützer unserer Minderheitenrechte, Unterzeichner der Charta 77, Spitzenkämpfer der Menschen- und Bürgerrechte, das Symbol des Mutes und der Haltung“, schrieb Iván Gyurcsík in einem Nachruf.
Miklós Duray bei der Übernahme des Preises Pro Probitate.
Was er für die überwältigendste Naturerscheinung halte, wurde Miklós Duray 1999 in einem Interview gefragt. „Von der Natur habe ich zu meinem Glück recht viel gesehen. Am überwältigendsten finde ich den in Kalifornien gesehenen Riesenmammutbaum und meine Heimat. Nicht lange nach der Heimkehr aus Amerika war ich mit dem Auto von Párkány Richtung Szalka unterwegs, und beim Überqueren des Sattels breitete sich vor mir das Tal des Flusses Ipoly (Eipel) aus. Als ich das sah, füllten sich meine Augen erstmals im Leben angesichts der Natur mit Tränen. Aber ich werde auch den wunderbaren Ausblick nie vergessen, der sich mir 1990 beim Balaton, unterwegs von Keszthely Richtung Badacsony bot, als der gesamte Berghang mit Blumen übersät war.“
„Es mag lächerlich klingen, aber ich würde keinen anderen Weg wählen, falls ich neu beginnen könnte. Was ich getan habe, empfand ich niemals als Opfer. Ich tat es, weil es mir natürlich erschien. Ich wundere mich höchstens darüber, war das Natürliche für viele nicht natürlich ist. Im Gegensatz zu jenen, die denken, dass das Erlangen eines Amtes das Maximum der Erfüllung der irdischen Sehnsüchte sein könne, sage ich, dass man auf geistige Werte abzielen muss. Diese aber kann man nie erreichen, kann ihnen nur näherkommen. Für das Ungartum in der Slowakei ist es wichtig, in seiner Gesamtheit heranzuwachsen und sich seelisch umzugestalten. Die unter dem Kommunismus infizierte Generation muss durch eine junge, gesunde Generation abgelöst werden, deren Hauptmerkmal statt Opportunismus die Selbstbestimmung sein wird. Das wünsche ich der heutigen Jugend, denn wenn sie ihr Schicksal in der eigenen Hand hält, hat sie damit eigentlich die Möglichkeit zur Realisierung auch der anderen Sehnsüchte.“