Amerikanische Hilfe für die Hungernden in Budapest
Die Indiana University Press hat das Buch mit dem Titel „Budapest's Children“ von Frederike Kind-Kovács, wissenschaftliche Mitarbeiterin am H. Arendt-Institut der Universität Dresden, veröffentlicht. Untertitel: „Humanitäre Hilfe nach dem Großen Krieg“. Die Autorin erhielt heuer im Sommer den Grace Abbott-Buchpreis in der Kategorie bestes englischsprachiges Geschichtswerk aus Kindersicht des Jahres 2022.
Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Ungarn mehr Todesfälle als Geburten, die Kindersterblichkeit lag im ersten Lebensjahr bei 20 Prozent. Das völlige Versagen der sozialen Dienste in Budapest führte zu Nahrungsmittelmangel und zum Verhungern von Kindern.
Kornél Tábori, Begründer der ungarischen Soziofotografie, stellt in „Aus den Gräueln eines zum Tod verurteilten Landes“, seiner dreisprachigen (englisch, französisch und italienisch), für die Großmächte zusammengestellten Publikation mit Daten, Berichten und Fotografien die Lebensumstände der ärmsten Bevölkerungsschichten dar.
Die amerikanischen und westlichen Zeitungen sind voll von Bildern der schutzlosesten Opfer des Krieges, ungarischer Kinder mit rachitisch aufgeblähten Bäuchen. Dies ist der erste Krieg in der Geschichte, in dem den leidenden Menschen der gegnerischen Seite von den Siegern geholfen wird.
Das Amerikanische Rote Kreuz (ARC) startet eine Aktion für Mütter und Babies in Ungarn, die von James Pedlow geleitet wird. Herbert Hoover, Gründer der Amerikanischen Hilfsorganisation ARA, und die Rockefeller Foundation arbeiten ebenfalls mit ihnen zusammen. Sie entsenden Ernährungsfachleute nach Ungarn, die Hungerkarten erstellen, die Situation bei der Verteilung von Lebensmitteln erfassen und Vorratslager einrichten. Die Spenden der Amerikaner wurden für den Kauf von Lebensmitteln in Westeuropa und für die Organisation des Transports und die Belieferung der örtlichen Suppenküchen verwendet. Die Amerikaner richten 60 derartiger Suppenküchen ein, wo Mittagessen gekocht wird, aber sie richten auch Milchausgabestationen für Kinder und Mütter ein, verteilen Milchgutscheine und versorgen 106.000 bedürftige Kinder mit Frühstück und Mittagessen. Die Essensausgabe wird in Schulen, Kindergärten, öffentlichen Einrichtungen und Kirchen organisiert.
Die Kinder sollten bis zum Alter von 14 Jahren so ernährt werden, dass ihr Körper nicht unter dem Krieg und der folgenden jahrelangen Hungersnot leidet, ihre Genesung sichergestellt wird, es wurden Ärzte zur Untersuchung aller bedürftigen Kinder geschickt.
Nach dem Ersten Weltkrieg konnten 60.000 ungarische Kinder zu Pflegefamilien in Westeuropa reisen, um Hunger und Armut in ihrer Heimat zu entkommen. Die meisten konnten vier Monate in den Niederlanden und Belgien verbringen, um sich körperlich und geistig zu erholen.
Auch das Internationale Rote Kreuz führte bis 1925 Hilfsaktionen durch. Es gab zwar schweizerische, britische, holländische, schwedische, dänische, norwegische und gemeinsame Missionen, Rettet das Kind half ebenfalls, aber die eigentlichen Verteilungsstationen (Lebensmittel, Kleidung, medizinische Geräte) wurden von den Amerikanern nach Bedarf organisiert und genau dokumentiert.
Die Tätigkeit der amerikanischen Hilfsorganisationen in Budapest endete im Sommer 1921. Die ungarische Regierung bedankte sich in einer offiziellen Zeremonie bei James Pedlow, der zweieinhalb Jahre in Budapest verbracht hatte, für seine Hilfstätigkeit im Land. Zum ersten Mal in der Geschichte der europäischen Länder wurde im Stadtwäldchen (Városliget) die Statue eines lebenden Amerikaners errichtet. Enthüllt wurde sie mit einer Rede von Graf Albert Apponyi enthüllt. Pedlow organisierte nach der Heimkehr die Lieferung von Hilfspaketen und Weihnachtsgeschenken nach Ungarn.
Zu erwähnen ist auch ein anderer Amerikaner, der Verteidiger der ungarischen Nationalschätze, General Harry Hill Bandholtz, der die Plünderung des Nationalmuseums verhinderte. Am 5. Oktober 1919 hatten rumänische Truppen das Gebäude umstellt, 14 Lastwagen standen schon bereit, um die Artefakte zu entfernen. General Bandholtz eilte mit einem amerikanischen Oberst zum Museum und verhinderte durch sein entschiedenes Handeln das Ausräumen des Museums. Die ungarische Nation widmete General Bandholtz 1936 auf dem Freiheitsplatz ebenfalls eine Statue. Diese kehrte während des Besuchs von US-Präsident Bush an ihren ursprünglichen Standort zurückgebracht, und anlässlich des hundertsten Jahrestages des Ereignisses wurde im Park des Nationalmuseums eine Gedenktafel für den amerikanischen General angebracht. Über den Verbleib von James Pedlows Büste ist hingegen nichts bekannt. Sie ist in den Wirren der Geschichte aus dem Stadtwäldchen verschwunden, obwohl er Tausenden von Ungarn das Leben gerettet hatte.
Julianna Bika
Original: „Bika Julianna: Amerikai segítség a budapesti éhezőknek“