Anthropozän, das neue geologische Zeitalter
Wissenschaftler meinen, dass menschliche Aktivitäten die Geologie, Atmosphäre und Biologie der Erde so grundlegend verändert haben, dass sie in ein neues geologisches Zeitalter, das Anthropozän, eingetreten ist. Die Ankündigung der Mitglieder der Anthropozän-Arbeitsgruppe (AWG) stützt sich auf Entdeckungen im Crawford-See, etwa 60 Kilometer (37 Meilen) westlich von Toronto.
Colin Waters, Geologe an der Universität von Leicester und AWG-Vorsitzender: „Es ist klar, dass die Geschwindigkeit des Wandels unglaublich beschleunigt wurde und auf den menschlichen Einfluss zurückzuführen ist.“ Die am Grund von Seen abgelagerten Sedimente sind ein geologisches Zeugnis, das Wissenschaftlern Aufschluss über sich verändernde Umweltbedingungen geben kann.
Während das AWG-Forscherteam Kernproben von 11 anderen Standorten sammelte, enthüllten jene aus dem besonders tiefen Crawford-See besondere Einsichten, weil das Sediment relativ ungestört auf dem Seeboden schwebte. So konnte es Schichten bilden, die verschiedene Umweltmerkmale abbilden. So ist es gelungen, zwischen den Sedimentschichten einen sogenannten "Goldenen Dorn" (Ausgangspunkt) zu finden, der auf eine plötzliche geologische Veränderung der Bedingungen auf der Erde hinwies. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass das in den Sedimenten gefundene Plutonium von den Nuklearexperimenten der 1950er Jahre stammt. Dies sei ein „klarer Indikator“ für das Anthropozän. Colin Waters und die anderen AWG-Mitglieder schlagen vor, den Beginn des neuen Zeitalters zwischen 1950 und 1954 anzusetzen. Sollte dieser Antrag angenommen werden, würde das Anthropozän (abgeleitet vom Wort „anthropo-“, also „Mensch-“) das Ende des Holozäns markieren, das die letzten 11.700 Jahre umfasst hat.
John Holdren, ehemaliger wissenschaftlicher Berater des Weißen Hauses, des Sitzes der US-Präsidenten, meint dazu: „Die Realität ist, dass unsere Fähigkeit, die Umwelt zu verändern, unser Wissen über die Folgen und unsere Fähigkeit, die Richtung zu ändern, bei weitem übersteigt."
Toronto Star