Kommt jetzt die Putin-Doktrin?
Russland hat sich 2014 die Krim einverleibt – folgt jetzt der zweite Angriff auf die Ukraine? In aller Welt wird die Breschnew-Doktrin zitiert, um auszudrücken, dass Wladimir Putins vorrangiges Ziel wohl die Wiederherstellung der Pufferzone gegenüber dem Westen sein könnte. Zu diesem Zweck muss er verhindern, dass die Ukraine in den Nordatlantikpakt NATO aufgenommen wird.
Die Breschnew-Doktrin galt in der Nachkriegszeit als geopolitisches Rückgrat der Sowjetunion. Der Kreml-Machthaber hat sie am 13. November 1968 beim Kongress der polnischen Kommunisten formuliert: „Wenn die dem Sozialismus feindlich gesinnten Kräfte einzelne sozialistische Länder Richtung kapitalistischer Entwicklung zwingen, ist das … ein Problem des gesamten sozialistischen Lagers.“ Damit rechtfertigte er das Ersticken des „Prager Frühlings“ am 21. August jenes Jahres. Er bezog sich aber auch auf die begrenzte Souveränität Ungarns, wo die Rote Armee am 4. November 1956 den Volksaufstand blutig niedergeschlagen hatte. Und er meinte auch die sowjetische „Intervention“ in Afghanistan 1979. Und das Niederwalzen der Solidarnosc-Bewegung durch die polnische Armee erfolgte 1981 im Namen seiner Doktrin.
Wladimir Putin hat diese Doktrin mit völlig neuen Techniken wiederbelebt. Militärische Gewalt setzte er nur auf der Krim ein. Zwischen Aserbaidschan und Armenien hat er dreimal so „vermittelt“, dass ihm Armenien jedes Mal um ein Stück stärker verpflichtet wurde. Mit dem weißrussischen Diktator Aljaksandr Lukaschenka spielt er nicht nur Eishockey, sondern auch einen gemeinsamen Bundesstaat samt wirtschaftlicher Integration.
In eine ähnliche Richtung deutet das Vorgehen in Kasachstan. Zwar sind die „Friedensstifter“ der Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit (OVKS, russische Abkürzung: ODKB) wieder abgezogen, aber Putins Einfluss im ölreichen mittelasiatischen Staat ist stark gestiegen, wie auch in den anderen OVKS-Ländern Armenien, Belarus, Kirgisistan und Tadschikistan.
Breschnews Doktrin von der begrenzten Souveränität der Verbündeten hat mit dem Ende der Sowjetunion endgültig ausgedient. Schon wird gerätselt, wie nach einer eventuellen Invasion in der Ukraine die neue, raffiniertere russische Strategie genannt werden könnte. Wie wäre es mit Putin-Doktrin?
Original: Martos Péter: Következik a Putyin-doktrína?